Elternbereich

Was tun bei Anaphylaxierisiko? Vorbeugen, Notfallmanagement und praktische Alltagshilfen

Tipps für Eltern von Kindern mit Lebensmittelallergie

Wissen hilft!

Ihr Kind hat eine Lebensmittelallergie und vielleicht bereits eine anaphylaktische Reaktion erlebt oder Ihr Arzt hat Ihnen mitgeteilt, dass ein erhöhtes Risiko für eine solche Reaktion besteht? Wir möchten Sie über die Zusammenhänge und den Umgang mit diesem Risiko für eine schwere allergische Reaktion informieren. Auch mit einem erhöhten Anaphylaxierisiko kann Ihr Kind nämlich ein ganz normales Leben führen. Dafür ist es wichtig, die Krankheit genau zu kennen, effektiv vorzubeugen, für den Notfall gerüstet zu sein, eine Notsituation korrekt einzuschätzen und richtig zu handeln.

Anaphylaxie – die schwerste Form der allergischen Reaktion

Die Anaphylaxie ist eine allergische Reaktion, bei der

  • sich die Allergie nicht nur an einer Stelle (dort, wo die Haut oder Schleimhaut mit dem Allergen in Kontakt kommt) zeigt, sondern der ganze Organismus reagiert. Mindestens zwei verschiedene Organsysteme wie z. B. Haut, Atemwege, Magen-Darm-Trakt und/oder Herzkreislaufsystem sind dabei gleichzeitig oder nacheinander betroffen.
  • Beschwerden treten meist innerhalb kurzer Zeit nach Allergenkontakt auf und verschlimmern sich rasch. Bei Lebensmitteln als Auslöser wird eine Anaphylaxie durch den Verzehr des entsprechenden Lebensmittels ausgelöst und kann in manchen Fällen auch verzögert (ca. zwei bis vier Stunden nach dem Essen) beginnen.

Glücklicherweise verlaufen die meisten anaphylaktischen Reaktionen nicht lebensbedrohlich und bilden sich wieder zurück. Da eine Anaphylaxie im schlimmsten Fall aber sehr schnell verlaufen und lebensbedrohlich werden kann und am Anfang niemand – auch kein Experte – sagen kann, in welche Richtung sie sich entwickelt, ist sie immer als medizinischer Notfall einzustufen, der sofort behandelt werden muss! Dies ist eine Vorsichtsmaßnahme, die aber notwendig ist, da ein Eingriff – d. h. die Gabe von Adrenalin – umso effektiver ist, je früher sie erfolgt.

Tipps zur Vorbeugung

  • Das Wichtigste: Finden Sie mithilfe eines Allergologen heraus, gegen was Ihr Kind allergisch ist, falls Sie es noch nicht wissen. Ab dann gilt es, das Allergen so weit wie möglich zu meiden!
  • Lassen Sie sich vom Arzt ein Notfallset mit den passenden Medikamenten verschreiben.
  • Führen Sie bzw. Ihr Kind dieses Notfallset immer mit – auch in der Schule, bei Ausflügen usw.
  • Üben Sie die Anwendung des Adrenalin-Autoinjektors ein – mithilfe eines Trainers ohne Nadel und Medikament (für DAAB-Mitglieder kostenfrei bei uns erhältlich).
  • Besorgen Sie sich den Anaphylaxie-Notfallplan zur Information Dritter über die notwendigen Maßnahmen im Notfall. Sie erhalten ihn ebenfalls kostenfrei beim DAAB.

Ganz wichtig: Ein Anaphylaxie-Pass kann Leben retten. Füllen Sie zusammen mit dem Arzt einen Anaphylaxie-Pass für Ihr Kind aus, den es immer im Notfallset bei sich trägt. Den Pass bekommen Sie beim DAAB.

Tipps für den Ernstfall

  • Bewahren Sie einen kühlen Kopf und rufen Sie sich ins Gedächtnis, was Sie mit dem Allergologen besprochen haben.
  • Verabreichen Sie die Medikamente wie mit Ihrem Allergologen in Ihrem Notfallplan besprochen. In der Regel besteht die Erste-Hilfe-Maßnahme darin, Adrenalin durch den Autoinjektor zu verabreichen. Keine Sorge: Diese Injektion ist dafür konzipiert, von Laien verwendet zu werden.
  • Die Einnahme ersetzt nicht den Arztbesuch. Rufen Sie in jedem Fall die 112 an oder suchen Sie mit Ihrem Kind ein Krankenhaus auf!

Alltagstipps für zu Hause

Am besten sollte es natürlich gar nicht zu einer Anaphylaxie kommen. Zu Hause können dazu einige Regeln vereinbart werden, damit das allergische Familienmitglied nicht mit dem Lebensmittel in Kontakt kommt, gegen das es allergisch ist:
 

  1. Hände waschen:
    Alle waschen sich die Hände, bevor sie das allergenfreie Essen anfassen.
     
  2. Trennen:
    Das allergenfreie Essen und das nicht-allergenfreie Essen werden in getrennten Schränken oder Regalen aufbewahrt.
     
  3. Kennzeichnen:
    Direkt nach dem Einkaufen bekommen alle Lebensmittel farbige Aufkleber. Das „erlaubte“ Essen ohne Allergene bekommt einen grünen Punkt, das „verbotene“ Essen einen roten.
     
  4. Vorsorgen:
    Das allergische Kind bekommt eigenes Geschirr, auf dem nur allergenfreies Essen zubereitet wird und das nur dieses Kind benutzt.
     
  5. Kochen:
    Wenn Sie allergenfreie und allergenhaltige Speisen zusammen vor- und zubereiten
    (z. B. Sandwich mit oder ohne Käse), bereiten Sie die allergenfreie Variante immer zuerst zu, am besten noch bevor Sie die allergenhaltigen Zutaten öffnen.
     
  6. Eingrenzen:
    Beschränken Sie das Essen auf festgelegte Bereich (Küche und Esstisch), damit sich keine Krümel o. ä. im Haus verteilen.
     

Wenn sich alle an diese Regeln halten, kommt es meistens gar nicht erst zu einer gefährlichen Situation. Beziehen Sie die Kinder mit ein – oft haben sie selber noch weitere gute Ideen.

Alltagstipps für den Kindergarten und die Schule

Aus unserer Beratungspraxis geben wir Ihnen folgende Tipps:
 

  1. Aufklärung:
    Reden Sie offen mit den Mitarbeitern und Leitern der Einrichtung über die Allergie und das Anaphylaxierisiko Ihres Kindes. Nehmen Sie Ihnen die Unsicherheit, indem Sie klarstellen, dass es klar definierte Maßnahmen gibt. Betonen Sie in jedem Fall, dass es sich um eine ernstzunehmende Erkrankung handelt, die ein verantwortungsvolles Handeln erfordert.
     
  2. Formulare:
    Mit einer Ermächtigungsbescheinigung übertragen Sie die Personensorge zur Medikamentengabe auf ErzieherInnen/LehrerInnen und halten fest, wer in Sachen Notfallmanagement geschult ist. Verwenden Sie außerdem den Anaphylaxie-Notfallplan, der mit einem Foto Ihres Kindes versehen sein sollte. Er ist – vom Arzt ausgefüllt – Attest über die vorliegende Allergie und die notwendigen Maßnahmen zur Behandlung im Notfall.
     
  3. Notfallmanagement:
    Bieten Sie an, die Mitarbeiter der Einrichtung in der Handhabung des Adrenalin-Autoinjektors, am besten mit dem Trainings-Pen (ohne Nadel und Medikament), zu schulen. Der DAAB bietet zu diesem Thema sowohl für Eltern als auch für Erzieher und Lehrer Webinare (Vorträge über das Internet) an.
     
  4. Aufbewahrung des Notfallsets:
    Bei jüngeren Kindern ist meist eine Aufbewahrung durch die Betreuungskräfte notwendig. Hier ist darauf zu achten, dass der gewählte Ort zentral und immer erreichbar ist. Weisen Sie darauf hin, dass das Notfallset bei Ausflügen mit eingepackt werden muss. Ältere Kinder können das Notfallset im Ranzen oder in einem Bauchgurt mitführen.
     
  5. Kind einbeziehen:
    Schulen Sie Ihr Kind altersgemäß im Selbstmanagement seiner Allergie, sodass es z. B. weiß, wie und wann es Betreuungspersonen mitteilt, wenn allergische Beschwerden auftreten.

Auf den ersten Blick

Übrigens: Für Kindergarten- und Schulkinder hat der DAAB praktische Aufkleber entwickelt, die auf Brotdosen, an Garderobenhaken usw. aufgeklebt werden können. Mithilfe von Piktogrammen zeigen sie an, welches Allergen nicht gegessen werden darf. Fordern Sie die Aufkleber kostenlos unter info(at)daab.REMOVE-THIS.de oder telefonisch unter 0 21 66 – 64 788 20 an.

Medikamente schützen

Wer im Sommer einen Tag im Freibad verbringen möchte und keine Tasche mit Kühlfunktion oder ein Kühlakku zur Hand hat, kann den Adrenalin-Autoinjektor zur Aufbewahrung auch in einer kleinen Thermoskanne (Isolierkanne) vor übermäßiger Hitze schützen.

Notfallarmband und -plakette

Vom Armband plus Smartphone-App, die miteinander verbunden sind und im Notfall Daten per SMS an die Rettungsleitstelle versenden, bis hin zu SOS-Kapseln und Notfall-Schlüsselanhängern gibt es ein breites Angebot von Möglichkeiten für die Notfallkommunikation.

Deutscher Allergie-und Asthmabund

Beim Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) erhalten Sie als Mitglied kostenlos:

Anaphylaxie-Pass, -Ratgeber, -Notfallplan, Reisebescheinigung sowie Bescheinigung zur Ermächtigung von Lehrern/Erziehern zur Medikamentengabe sowie weitere Broschüren zu Helfern im Alltag, Vermeiden von Allergieauslösern etc. Hier können Sie sich über die Anmeldung informieren:
Mitglied werden